Am 8. März 2011 – dem 100. Weltfrauentag – hat in der Zentrale der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien das KibiS-Netzwerktreffen zum Thema „Familienbewusster Führung“ unter der Moderation von Peter Rieder stattgefunden. Personalisten aus 30 namhaften Unternehmen sind zum Austausch ins Raiffeisenhaus gekommen, um diesem wichtigen Thema Gehör zu schenken. Nach einem Input zu den Ebenen und Faktoren familienbewusster Führung, fanden sich die Vertreter aus 4 ausgewählten Unternehmungen unterschiedlicher Branchen am Podium ein zur Diskussion und Reflexion der eigenen Maßnahmen und Modelle. Den Abschluss bildete ein spannender Input mit Diskussion zur Messbarkeit familienbewusster Führung. Dazwischen blieb natürlich ausreichend Zeit, sich unter einander auszutauschen. Hier die wichtigsten Erkenntnisse des Tages im Überblick:
Familienbewusste Führung bedarf engagierter Führungskräfte und einer offenen Unternehmenskultur
In einem Punkt waren sich alle TeilnehmerInnen einig. Um familienbewusst führen zu können, bedarf es einem klaren Commitment zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Top-Management. Vor allem die betriebswirtschaftlichen Fakten, also die positiven Auswirkungen derartiger Maßnahmen auf Geschäft und Umsatz, stellen dabei für viele TeilnehmerInnen den Schlüssel dar, um dieses Commitment auch tatsächlich zu bekommen. Keinesfalls darf Familienfreundlichkeit in eine soziale Ecke gedrängt werden, sondern muss bei Führungskräften der obersten Ebenen auf der Agenda stehen.
Im Zentrum familienbewusster Führung steht dabei stark das Thema Flexibilisierung. Von beiden Seiten. Vor allem auch von MitarbeiterInnen darf in gewissen Situationen Flexibilität im Gegenzug für Flexibilität in der Zeitgestaltung erwartet werden, waren sich alle TeilnehmerInnen einig. Modelle wie unterschiedliche Teilzeit-Arbeitsmodelle, variable Arbeitszeiten oder auch die Möglichkeiten einer Auszeit im Sinne einer Bildungskarenz, eines unbezahlten Urlaubs oder einer temporären Stundenreduktion sind in vielen Unternehmen bereits Realität und werden zunehmend gelebt.
Die Ebenen familienbewusster Führung
Um das alles zu ermöglichen, gilt es, sich im Unternehmen dem Thema auf unterschiedlichen Ebenen zu nähern. Ähnlich wie bei vielen kulturellen Themen muss das Unternehmen für sich folgende Fragen beantworten:
- KÖNNEN – Kann die Führungskraft überhaupt familienbewusst führen? Ist sie dazu ausreichend qualifiziert? Kennt sie Maßnahmen und Instrumente, die sie dabei unterstützen?
- WOLLEN – Will die Führungskraft familienbewusst führen? Ist sie ausreichend motiviert und erkennt den eigenen Nutzen? Gibt es ausreichend Anreize?
- SOLLEN – Wird familienbewusste Führung über Lippenbekenntnisse hinaus gefördert? Werden Führungskräfte angehalten, sich dem Thema zu widmen?
- DÜRFEN – Ist es sozial akzeptiert? Sorgt die Unternehmensleitung ausreciehnd dafür, dass Vereinbarkeit einen Stellenwert erfährt? Können Führungskräfte auch ihre eigenen Bedürfnisse gut unter einen Hut bringen?
Diese Ebenen bedingen einander wechselseitig. Ein Zugang kann entweder von motivierten Führungskräften ausgehen oder aber von einer Unternehmenleitung, die diesem Thema Wichtigkeit einräumt. In jedem Fall kommt dem Management eine entscheidende Rolle zu.
Familienbewusste Führung ist schwer zu messen und trotzdem leicht zu beobachten
Interessante Diskussionen haben sich rund um die Frage, wie man familienbewusste Führung messbar machen kann, ergeben. Die Zugänge sind hier durchaus unterschiedlich – von standardisierten Work-Life-Balance-Indizes bis zu offenen Verhaltenszielen reicht die Palette. Jedenfalls klar wurde, dass familienbewusste Führung ein Verhaltensziel darstellen kann und auch sollte, will man dem Thema ausreichend Raum geben. Führungskräfte anzuhalten, die Bedürfnisse ihrer MitarbeiterInnen und die eigenen aktiv zu managen und das auch in Gesprächen zu contollen, wurde von allen TeilnehmerInnen für wertvoll befunden. Das einzige Kriterium dabei ist die eigene Beobachtung. Doch diese reicht oft, vor allem dann, wenn der Anspruch klar kommuniziert ist.
Familienfreundliche Maßnahmen halten Einzug in die Unternehmen
Die Palette an bereits bestehenden Maßnahmen der teilnehmenden Unternehmen ist eine breite und wirklich beeindruckend. Hier zum Abschluss eine kleine Auswahl davon:
- Stay-in-touch-Frühstücke und -veranstaltungen mit MitarbeiterInnen in Karenz
- Baby Day – MitarbeiterInnen können an definierten Tagen ihre Kinder mit an den Arbeitsplatz nehmen
- Flying Nannies betreuen Kinder an Fenstertagen
- Klare Regelungen und Ziele zur Chancen Gleichheit und um mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen
- Variable Arbeitszeitmodelle
- Work-Life-Index für MitarbeiterInnen und Führungskräfte
- Verpflichtender Punkt „Vereinbarkeit“ in Mitarbeitergesprächen
- Regelungen zum Umgang mit Handies – Beantwortung von Mails und Anrufen am Wochenende nur in Notfällen
- Ausbildungen und Workshops für Führungskräfte rund um das Thema Vereinbarkeit und Gesundheit
Einig waren sich alle TeilnehmerInnen aber jedenfalls über einen Aspekt: Familienbewusste Führung ist nur dann möglich, wenn das Unternehmen wirtschaftliche gesund ist. Führungskräfte stellt die immer mehr geforderte Vereinbarkeit vor zahlreiche neue Herausforderungen. Die Kunst ist es, die Leistungsfähigkeit der Organisation zu erhalten oder zu erhöhen und gleichzeitig den Bedürfnissen der MitarbeiterInnen so gut gerecht zu werden wie möglich. Jedenfalls sind wir auf einem spannenden Weg, der in den kommenden Jahren noch an Bedeutung gewinnen wird. Darüber war man sich einig.
Vielen Dank an alle TeilnehmerInnen für Ihre engagierten Beiträge, Berichte und Diskussionen!